Über Träumereichen und mich

Als ich ein kleines Mädchen war, im Klassenzimmer sitzend, wanderte mein Blick unausweichlich immer wieder von der dunkelgrünen Tafel und meiner Lehrerin, einer sehr herzlichen, lieben Frau, zum Fenster. Man sah einen Teil des gegenüberliegenden Hauses, grau. Einen Teil eines Baumes, ich meine es war eine Eiche, deren Blätter sich fast immer sanft bewegten. Ein Stück Himmel an dem Wolken vorbeizogen. Von Zeit zu Zeit kam es vor dass meine Lehrerin mich leise, fast als wollte sie mich nicht zu unsanft wecken, ansprach: „Träumerle, was siehst du denn nach draußen, da ist doch garnichts?“

Doch, für mich war dort allerhand! Meine Gedanken gingen spazieren und in meinem Kopf entstanden Welten.

Meine Lehrerin war darüber, trotz recht guter Leistungen, wenig erfreut. Mein liebstes Fach wurde das Werken und Handarbeiten... dabei durften meine Gedanken gehen, wohin sie wollten, ohne dass es jemanden kümmerte oder es überhaupt jemand bemerkte.

In den nächsten Jahren brachte ich mir allerhand weitere Handarbeitstechniken selbst bei, indem ich überall zuschaute und die örtliche Bibliothek nutzte. Der Rest geschah nach dem Prinzip Versuch und Irrtum.

Auch die Schmuckherstellung, insbesondere die Arbeit mit Draht, habe ich mir auf diesem Wege beigebracht. Ich lernte viele Techniken, arbeitete Schmuckstücke nach Bildern nach, wollte immer genauer als beim letzten Stück biegen und wickeln... und entwarf schließlich meine eigenen kleinen Kostbarkeiten. Dieses Material, der Draht, wurde schnell zu meinem liebsten und es lässt mich seitdem nicht mehr los.

Wie damals als Kind wandern meine Gedanken heute hierhin und dorthin, wenn ich mit Draht arbeite und obwohl es nach einem Widerspruch klingt, so ist es keiner, dass ich in diesem Moment ganz bei dem entstehenden Stück in meinen Händen bin.

Die teils verspielte, teils organische Form meiner Schmuckstücke entstand und entsteht, wie etwas wächst. Sie kümmern sich nicht um Trends und sie sparen nicht mit Formen, Schnörkeln und Farbe.

Wenn ich sie herstelle und sie ansehe, sehe ich nicht einfach nur Schmuckstücke. Ich sehe das Ohrgeschmeide einer Elfe, das Armband einer Kriegerin, den Ring einer Kräuterfrau... kleine Stücke aus einer längst vergangenen Zeit oder einem märchenhaften Traum. 

Mein Wunsch ist, dass Du in dem von mir hergestellten Schmuckstück Deines siehst, es Dich begleitet und zu einem kleinen Stück Deines Traums wird.